Fahrtenbericht Silvesterfahrt 2011/2012, 26.12.2011 – 03.01.2012
Pirna – Drethem, 500 km
Es ist der 2. Weihnachtsfeiertag und wir sind (größtenteils) trotzdem schon den leidigen Pflichtveranstaltungen in unseren Familien entkommen. Wir – das sind ein paar leidensfähige Ruderer, die zwischen Weihnachten und Neujahr nicht besseres zu tun haben, als die Elbe von der Kreisstadt Pirna bis nach Drethem hinter Wittenberge zu fahren: Nirina, Jens, Torsten (Gastruderer aus Gelsenkirchen), Matthias und Stefan (nachfolgend als VL bezeichnet). Marlene kann erst einen Tag später dazustoßen und ist damit deutlich länger den familiären Belastungen ausgesetzt. Elina und Martin werden uns dann noch bis zum Ende der Fahrt als Ruderer begleiten, während Jens sich an Neujahr wieder nach Berlin absetzen wird. Damit haben wir die letzten zwei Rudertage sogar einen Landdienst. Hört sich alles chaotisch an und ist es auch – der VL hatte viel Spaß bei der Planung. An dieser Stelle auch einen Gruß an Bernd, wenn er die ganzen verschiedenen Fahrtvarianten ins efa tippen darf… Jonathan zieht von hinten gerade an meinem Sicherheitsgurt und fordert aus irgendeinem Grund, dass ich hier unbedingt den Namen eines bekannten Spielzeugs (Plastik-Steine zum Zusammenstecken) im Bericht erwähnen soll, was ich aber nicht mache, da ich von der betreffenden Firma nicht bezahlt werde. Der vorliegende Fahrtbericht ist seit 7 Jahren und 2 Monaten (die legendäre Mainfahrt 2004) der erste Bericht, welcher in Zusammenarbeit von Jens und Matthias entsteht – das ist zwar keine alleinige Entschuldigung für Schwachsinn, über die Kwalität des Berichts sollte aber milde hinweggesehen werden.
Tag Eins, 26.12.2011:
Pirna – Meißen, 46 km
Start des Transportes in Kleinmachnow war heute auf Wunsch von Nirina erst um 9 Uhr – und wir wollten nach Pirna fahren und noch heute bis Meißen fahren. Wir waren unterbesetzt, weshalb sich Nirina und der VL dankenswerterweise bereit erklärten, heute einen Zweier ungesteuert zu fahren. Macht insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit und mit Regen sicherlich viel Spaß. Im Gegensatz zur Elbefahrt vor zwei Wochen hatten wir heute aber immerhin Lampen dabei, welche wir aber letztendlich doch nicht brauchten, da wir wider Erwarten doch noch im Hellen ankamen, obwohl der Start in Pirna erst kurz vor 13 Uhr erfolgte. Das Wetter war unspektakulär bewölkt ohne Regen, der Schiffsverkehr kaum vorhanden. Umso spektakulärer war dann der schöne Kamin im RC Meißen, vor dem wir abends standesgemäß unsere Ente zum Abendmahl verzehrten. Wer nun aufschreit und sagt, dass Ente wohl viel zu dekadent für das gemeine Wanderruderer-Pack wäre, hat vollkommen recht, sollte aber dadurch beruhigt werden, dass das edle Geflügel (erworben im Aldi) in der Mikrowelle zubereitete wurde. Erstens entspricht das eher unseren Koch-Fertigkeiten und zweitens war ein Backofen in der Küche des RC Meißen nicht vorhanden. Die Portion war äußerst großzügig berechnet, weshalb ungefähr die Hälfte des Federtiers übrig blieb, um am nächsten Tag als Boots-Proviant zu dienen. Ente als Boots-Proviant – das ist der RC KST.
Tag Zwei, 27.12.2011:
Meißen – Torgau, 75 km
Heute stand eine lange Etappe an, welche wir aber trotzdem erst kurz vor 10 Uhr starten konnten, da wir mit Marlene endlich unsere Mannschaft komplettieren wollten. Dankenswerterweise war Marlene überpünktlich in Meißen, wodurch wir gegen 9:30 Uhr Richtung Torgau aufbrechen konnten. Wie schon am Tag davor begann ein Kampf gegen die Uhr und das Einbrechen der Dunkelheit, und wieder konnten wir mit einer Ankunftszeit von 15:30 Uhr der Finsternis entgehen. Ich glaube, dass unsere Bootslampen langsam beleidigt sind und sich überflüssig fühlen. Sehr bitter für die Lampen, für uns aber umso besser, denn so gab es genügend Gelegenheit, mehrmals noch beim örtlichen Aldi einkaufen zu gehen, auch wenn sich Torsten und Matthias in diesem Laden nicht mehr so schnell blicken lassen sollten. Trotzdem nochmal vielen Dank an dieser Stelle an den verständnisvollen Angestellten, es tut uns immer noch sehr leid, dass eine Flasche am Boden zerschellt ist. Das Wetter auf der Etappe war so wie gestern: 100% Bewölkung, aber kein Regen, weshalb das Blickfeld wie folgt aussah: unten 44,67 % graues Wasser, oben 44,67 % grauer Himmel, dazwischen 9,67 % graues Gras, graue Bäume und fahlgrüner Rasen und schließlich noch 1 % neongelbe Steuermanns-Jacke – faszinierend.
Tag Drei, 28.12.2011:
Torgau – Wittenberg, 57 km
Ausnahmsweise sollten es heute mal weniger als 60 km werden. Das war auch gut so, denn die Nacht“ruhe“ wurde für die meisten durch Schnarch-Stereo-Sound beeinträchtigt. Eine Ruderin erachtete dadurch sogar das Vegetieren ohne Isomatte im *****kalten ungeheizten Flur als weniger schmerzvoll. Die Etappe selbst verlief dann ohne unangenehme Vorkommnisse. Das Wetter bot kaum Wind bei 100 % Bewölkung, aber glücklicherweise immer noch keinen Regen. Die Temperaturen waren fast zweistellig und damit ungewöhnlich warm für eine Silvesterfahrt. Abends stand in Wittenberg die Pflichtbesichtigung der Schlosskirche (Loddars 95 Prothesen) an. Zur Freude der atheistischen Fahrtteilnehmer war die Kirche aber schon geschlossen, weshalb stattdessen die einzige noch geöffnete Eisdiele besichtigt wurde. Das Quartier im Ruderclub Wittenberg war komfortabel und die Betten bequem.
Tag Vier, 29.12.2011:
Wittenberg – Aken, 63 km
Aufstehen aus bequemen Betten, Frühstück zubereiten in der bequemen Küche, frühstücken im bequemen Saal, ablegen auf dem unbequemen Fluss. Leider sollte die bisher ungewöhnlich gute Wettersituation etwas schlechter werden als auf den ersten Etappen. Die Bewölkung ließ zwar nach, aber dafür war schon vor dem Ablegen der bisweilen kräftige Gegenwind von Nord-Nordwest bemerkbar. Stellenweise nervte der Gegenwind sehr, aber dafür durften wir uns weiterhin über für die Jahreszeit warme Temperaturen und trockenes Wetter freuen. Deshalb kamen auch beide Boote problemfrei und in guter Zeit am Ziel an, auch wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit laut GPS-Benutzer Torsten von 12 auf 10 km/h gesunken war. Abends gingen wir in Aken City in einer kleinen Dorfgaststätte essen, die Portionen waren Ruderer-gerecht. Nach wenig Wein und wenig Gesprächen ging es ab in die Heia in unserer Komfortablen 3-Sterne(!)-Pension.
Tag Fünf, 30.12.2011:
Aken – Hohenwarthe, 64 km
Der Wetterbericht hatte vereinzelte Schauer angekündigt – und einer dieser „vereinzelten Schauer“ erwischte uns schon beim Ablegen. Die vereinzelten Schauer (insgesamt ~ 3 h) begleiteten uns dann bei erfrischenden 3 – 6 °C durch Magdeburg hindurch bis zum Ziel in Hohenwarthe an der Trogbrücke. Dort erwartete uns dann – für eine Wanderfahrt vollkommen übertrieben – ein Hotel als Quartier. Das modern wirkende Landhotel an der Trogbrücke bot uns zwar gepflegte Zimmer und gutes Essen, das im Speisesaal vorhandene WLAN durfte aber von Gästen nicht genutzt werden – reife Leistung. Trotz der mäßig freundlichen Bedienung und den schwachen Cocktails machten wir uns einen schönen Abend, verschwanden aber rasch in die Zimmer zum Schlafen, Lernen, Arbeiten (ohne Internet, vielen Dank nochmal ans Landhotel) und des Schreibens dieses Berichtes samt Verreißens unseres Quartiers. Jens lässt hierbei anmerken, dass er das Hotel gar nicht so schlimm findet. Trotzdem ist auch er zu demotiviert zum Arbeiten und deshalb sitzen wir schmollend herum. Zu schade, dass man auf dem Hotelzimmer kein Gelage veranstalten darf. Da würde ich das mit dem fehlenden Internet vielleicht wieder vergessen und mir den abschließenden Gruß ans Landhotel ersparen. Gute Nacht.
Tag Sechs, 31.12.2011:
Hohenwarthe – Arneburg, 64 km
Der Wetterbericht im Videotext hatte für heute Bewölkung vorhergesagt, aber keinen Regen. Im Gegensatz zu gestern war die Vorhersage aber pessimistischer als die Realität: Bei schönstem Sonnenschein, keinerlei Gegenwind und einigen Plusgraden fühlte man sich fast wie im Frühling und es wurde beim Rudern fast schon zu warm. Sogar für die Steuerleute war das Wetter angenehm – ein schöner Kontrast zu gestern. Gegen 15 Uhr erreichten wir nach einiger Verwirrung noch vor dem eigentlichen Ort Arneburg den Fähranleger bei Flusskilometer 402,4 auf der Backbordseite. Schon gleich nach der Anlege wurden wir von unserem sehr freundlichen Gastwirt Peter begrüßt. Seine beiden Hunde, nennen wir sie einfach mal Fenris und Cerberus, waren allerdings weniger über unsere Ankunft erfreut und sorgten dafür, dass ich unsere komfortable Ferienwohnung aus Sicherheitsgründen an diesem Abend nicht mehr verlassen habe. Das war auch gar nicht mehr nötig, denn die Versorgung der Eingeschlossenen erfolgte über den frisch eingetroffenen Landdienst (Martin) zusammen mit Sonja, Elina und Jonathan als Bereicherung für das Silvesterfest. Wir begannen dann mit der finalen Zubereitung des sehr üppigen Silvester-Abendmahls, welches traditionell aus Fondue und Nudelsalat bestand und sehr gut schmeckte. Vielen Dank an dieser Stelle an Sonja und Martin, welche dieses sehr schöne Essen auf einer Wanderfahrt ermöglicht haben. Besonderer Dank geht an dieser Stelle auch an Elina für ihr ausgezeichnetes Mousse Chocolate. Zum Jahreswechsel wurde standesgemäß angestoßen und anschließend ein würdiges Feuerwerk auf der Straße vor unserer Ferienwohnung veranstaltet. Das war auch dringend notwendig, denn selbst 10 Minuten nach Silvester-Mitternacht ist die Welt um Arneburg-Downtown ziemlich tot. Wir haben gefühlt mehr Raketen gestartet als der ganze Ort nördlich von uns. Nach dem abschließenden Obstsalat ging es dann viel zu spät in die Betten.
Tag Sieben, 01.01.2012:
Arneburg – Wittenberge, 54 km
Aufstehen an Neujahr um 8:30 Uhr und Frühstück um 9 Uhr an Neujahr sind schon recht grenzwertig. Wenn es dazu noch draußen herrlich schifft und man genau weiß, dass man jetzt noch 54 km rudern soll, ist es sehr grenzwertig. Alle Aktionen gingen irgendwie aus irgendeinem Grund langsamer vonstatten an diesem Morgen. Deshalb kamen wir auch erst gegen 11 Uhr aufs Wasser, wo uns immer noch der feine Regen begleitete. Immerhin war es für Neujahr ungewöhnlich warm und so wurde selbst den Steuerleuten im Regen nicht kalt. Der niederschlagende Niederschlag ließ glücklicherweise rasch nach und trat neben einigen kurzen Regenschauern auch nicht weiter auf. So erreichten dann trotz des späten Starts beide Boote den Wassersportverein Wittenberge noch gerade so vor Einbruch der Dunkelheit, weshalb unsere mitgenommenen Lampen wieder nicht zum Einsatz kamen – so langsam tun mir die Dinger wirklich leid. Im Wassersportverein machten Torsten und ich den verhängnisvollen Fehler, die Duschen des Vereins zu benutzen, aus welchen Wasser fließt, welches intensiv nach Reiswaffeln und faulen Eiern riecht. Feine Sache, solche Biowaffen in der Dusche, nette Idee. Zwischen 2 – 10 Tage Inkubationszeit der Legionellen bleiben uns noch…
Tag Acht, 02.01.2012:
Wittenberge – Drethem, 78 km
Heute stand die längste Etappe auf dem Programm. Kurz nach 9 Uhr verabschiedeten wir uns vom Hort des Keimwassers und ruderten bei völliger Bewölkung und gelegentlichen Regenschauern (wie schon fast die gesamte Fahrt) in Richtung Drethem. Es war für einen 2. Januar abnormal warm (zweistellig!), weshalb beide Boote ohne große Mühe das Fahrtziel gegen 16 Uhr noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichten. In Drethem erwartete und eine günstige aber sehr schöne Pension mit sauberem und geruchlosem Wasser. Insbesondere Torsten und ich freuten uns über die Dekontaminationsduschen nach dem gestrigen Erlebnis. Das Abendessen in der pensionseigenen Gaststätte war sehr reichhaltig und lecker, ein würdiger Abschluss für die Fahrt. Um den Abschluss noch würdiger zu gestalten, orderte der VL eine Runde regionalen Ingwer-Schnaps. Der war nett. Deshalb orderte irgendjemand eine nächste Runde. Und so weiter und so fort… Ich habe keine Ahnung, wie viele Runden es waren, aber es waren viele. Als Highlight wurde der nun Holländisch-sprechende Martin von der Wirtin auf Holländisch vorgeführt.
Tag Neun, 03.01.2012:
Heimreise
Nur noch Boote aufladen und dann nach Hause fahren, also ein ganz entspannter Tag. Ich sitze nun hier wieder im Auto und schreibe die letzten Wörter des Berichts und muss mir von hinten anhören, dass die lieben Eltern Berichte lesen und ich ihn deshalb anpassen müsste. Torsten wollte unbedingt direkt an der Tür sitzen. Warum nur?
Matthias in Zusammenarbeit mit Jens
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