In mehreren Gruppen machten sich 30 Teilnehmer am Gründonnerstag und Karfreitag auf den Weg nach Wien, um die letztjährige Wanderfahrt von Straubing nach Wien fortzusetzen.
Die Teilnehmer: Jutta und Jochen Lademann, Gabi Beutling, Matze Zwirner, Packer, Carola Adam, Laura Manns, Lena Lindau, Micha Lenz, Kerstin Bonte, Franziska Ratsch, Anna Hagemann, Moritz Kittel, Erik Busch, Christoph Andersen, Andre Lietzmann, Nils Schuster, Ralf Schnieders, Jürgen Reclam, Bobby Mann, Tom Pröstler, Jonas Renz, Arno Krüger, Doris Himmelsbach, Ragnar, Peter Bock, Lutz Holtzegel, Nicolas Hübener, Christoph Schaal und Stefan Biastock.
Der Hängertransport konnte erst mit 5 stündiger Verspätung starten, da die Hängerelektrik verrückt spielte und erst nach dem kompletten Durchmessen aller Kabel der Fehler gefunden und behoben werden konnte. Am späten Abend des Karfreitag trafen die letzten Bahnfahrer im Bootshaus des Wiener RV Donauhort ein.
Am Ostersamstag kämpften sich unsere 6 Boote zunächst einen Kilometer gegen die Donauströmung aufwärts, um in den Donaukanal einzufahren. Dies ist ein Nebenarm der Donau, der durch Wien führt, während der Hauptarm der Donau eher an der Stadt vorbeifließt. Dieser kleine Umweg erwies sich jedoch als wenig lohnend, da man außer Autobahnen und ein paar gutbürgerliche k.u.k.-Wohnhäuser auch hier wenig von der Stadt zu sehen bekam. Dafür erfreuten sich die Mannschaften an der guten Strömung, die uns ohne große Anstrengung, selbst im Zweier, auf 14 km/h brachte.
Auf der Hauptdonau wurde unsere Freude zwar etwas durch den starken und kalten Gegenwind getrübt aber wir kamen trotzdem gut vorwärts. Die Grenzkontrolle in Hainburg lief ähnlich wie schon am Tag vorher die deutsch-österreichische Autobahngrenzabfertigung, man wollte weder Ausweise sehen, noch konnte man mit unseren, extra noch besorgten Zollpapieren für die Boote irgend etwas anfangen.
Am frühen Nachmittag erreichten wir bei eisigem Ostwind den Slowakischen Ruderclub in Bratislava. Hier wurden wir bereits erwartet und freundlich aufgenommen. Während die Mannschaft in die Stadt strömte, versuchte der VL noch etwas über die Strecke am nächsten Tag in Erfahrung zu bringen. Wir wollten ab der ungarischen Grenze die Haupt-Donau verlassen und auf die Mossoni-Donau umsetzen. Durch die Errichtung des Donaudammes bei Gabcikovo hat sich hinter Bratislava jedoch der gesamte Flußlauf völlig verändert, so daß niemand uns genau sagen konnte mit was wir rechnen müßten.
Am Ostersonntag wurde bereits um 5 Uhr geweckt und nach einem kurzen Frühstück legten wir gegen 7 Uhr ab. Nach 17 km rudern trafen wir an der vereinbarten Stelle (noch auf slowakischer Seite) den Vorsitzenden des Ruderklubs von Moson-Magyarova. Bis auf ein Boot, das vornewegfuhr, den Abzweig augenscheinlich übersehen hatte und von unseren ungarischen Freunden gerade noch an der Einfahrt in den Schleusenkanal gehindert werden konnte. Für Ruderboote ist das Befahren des Schleusen-kanals verboten.
Die Ungarn hatten mit einiger Mühe auch unseren Landdienst abgefangen und zu unserer Anlegestelle dirigiert. Nachdem wir mit einem Willkommensschluck begrüßt worden waren, wurden die Boote abgeriggert und aufgeladen und die Mannschaften mit unserem Bus und drei ungarischen PKW´s in zwei Fuhren über die Grenze nach Ungarn gebracht.
Die Einsetzstelle an der Mossoni-Donau war gerade mal drei Kilometer von der Aussetzstelle entfernt, aber auf dem Wasser gibt es an dieser Stelle keinen Grenzübergang und wir hätten drei oder vier Wehre umtragen müssen.
Das Wetter war inzwischen angenehm warm und sonnig. Wir hatten jetzt noch gut 30 Kilometer auf der Mossoni-Donau zu rudern. Dieser Fluß ist für Ruderboote sicherlich nur im Frühjahr zu befahren. Es gab kaum ein Boot, daß nicht ein bis zwei Mal aufgesetzt hat, weil das Wasser so flach war. Aber entgegen den Befürchtungen mußte wir nicht aussteigen um zu treideln.
Dafür gab es jede Menge Engstellen, ins Wasser gestürzte Bäume, kleine Stromschnellen. Der Flußlauf war sehr gewunden. Die Strömung wechselte sehr stark, eben floß das Wasser noch träge dahin, im nächsten Moment nahm die Strömung plötzlich zu und schoß durch eine Engstelle. Daß umgestürzte Bäume den Fluß am liebsten hinter Kurven blockieren ist sowieso klar.
Einige unserer Steuerleute waren von dieser Strecke technisch etwas überfordert. Man merkt, daß viele unser Mitglieder noch keine Spreewalderfahrung haben.
Am späten Nachmittag erreichten wir den Ruderklub von Moson-Magyarova wo uns unsere ungarischen Freunde einen grandiosen Empfang bereiteten. Nach dem Abendessen im Ruderklub erhielten wir noch eine Stadtführung in deutscher Sprache. Die Übernachtung im Clubraum des Rudervereins litt leider etwas unter einigen Egozentrikern, die der Meinung waren, daß niemand schlafen darf, wenn sie nicht schlafen.
Am Montag erwarteten wir außer einer Übertragestelle ziemlich zum Beginn keine größeren Schwierigkeiten, nur die 75 km bis Györ schreckten ein bißchen. Leider waren wir etwas zu übermütig geworden und hatten teilweise die Flaggen eingesteckt. Vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis gelang es zwei Booten nicht mehr auszuweichen, so daß zwei Flaggen herausgerissen wurden. Die Hannes wurde dabei am Heck beschädigt.
Bis auf diese eine Stelle war der Fluß aber deutlich leichter ruderbar, so daß man diese Strecke wahrscheinlich auf im Sommer fahren könnte.
Leider stellten sich einige Leute auch an der eigentlich völlig harmlosen Umtragestelle alles andere als geschickt an.
In Györ übernachteten wir in der Kastenruderhalle des Ruderclubs. Dank der interessanten Akustik gelang es unseren Schnarchern den gesamten Raum zu beschallen. Nur Packer hatte sich einen Abstellraum als Schlafplatz ausgesucht und war damit etwas isoliert.
Am Dienstag erreichten wir nach 15 Kilometern wieder die Donau, weit unterhalb der Staustufe Gabcikovo. In Komarom, 36 km Donaukilometer weiter, waren wir mit dem 2. Vorsitzenden des Esztergomer Ruderklubs verabredet, der für uns hier Quartier und Bootslagerung besorgt hatte.
Hier gab es leider Verwirrung welchen Steg er gemeint hatte. Der Steg, an dem wir zum Schluß die Boote herausheben mußten, war für Ruderboote absolut nicht geeignet. Er hatte nur eine, 70 cm breite Landbrücke, so daß man die Boote über Kopf tragen und dann eine viel zu steile Treppe herauflaufen mußte. Dazu kam noch, daß Komarom im Grenzgebiet liegt und wir mal wieder eine Paßkontrolle über uns ergehen lassen mußten. Da einige Leute ihre Ausweise nicht dabei, sondern im Auto hatten, war der ungarische Grenz-beamte kurz davor Teile unser Mannschaft einzu-sperren. Nachdem der Esztergomer Ruderer den Grenz-beamten beruhigen konnte, machten wir uns auf den Weg zum etwas entfernt liegenden Campingplatz.
Währenddessen übernahm der Eztergomer Vorsitzende mit Wachhund die Nachtwache an unseren Booten.
Auf dem Campingplatz waren aus für uns unerfindlichen Gründen nur 20 Betten in Bungalows gebucht. Der Rest mußte auf dem Boden schlafen. Als der VL deswegen Protest einlegen wollte, sprach der Herr am Empfang plötzlich weder deutsch noch englisch, obwohl der gesamte Campingplatz von deutschen Touristen nur so wimmelte. Am Mittwoch lautete das Ziel Esztergom. Das Wetter war noch heißer geworden, als die letzten Tage. Der Landdienst wurde mit der flehentlichen Bitte losgeschickt irgendwo Sonnencreme zu besorgen.
Die Donau fließt von Komarom bis Esztergom durch eine weite Ebene, mit mäßiger Strömung.
Da der Zweier mit dem VL als Pfadfinder vorneweg fuhr verpaßte diesmal auch niemand die Abfahrt in die Kleine Donau, an dem der Esztergomer Ruderklub liegt.
Dort erwartete man uns bereits mit dem Abendessen. Nach einer kurzen Stadtbesichtigung in der einbrechenden Dunkelheit fand man sich beim Ruderclub am Lagerfeuer wieder ein.
Am nächsten Tag stand schon Budapest auf dem Programm. Zur Mittagspause an der Szentendre Donau gab es Orientierungsschwierigkeiten beim ersten Boot, das mal wieder 1 Stunde vor den anderen fuhr und sich beschwerte daß der Landdienst noch nicht da sei und sie die Pausenstelle fast nicht gefunden hätten.
Am frühen Nachmittag erreichten wir das Hotel Lido in Budapest. Ein Teil der Gruppe machte sich daran Budapests Nachtleben zu erkunden, während andere sich von den Strapazen des Tages erholten.
Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhren wir am nächsten Morgen durch Budapest südwärts. Was in Wien nicht möglich gewesen war, eine Sightseeing-Tour vom Wasser aus, ging hier wunderbar. An der Magaretheninsel vorbei, mit Blick auf Parlament und Fischerbastei durch die Kettenbrücke.
Kurz hinter Budapest wurde der Fluß sehr einsam. Durch seine hier gewaltigen Breite in der flachen und menschenleeren Landschaft glaubte man eher auf einem südamerikanischen Dschungelfluß zu sein, statt auf der Donau.
Zur Mittagspause gab es, wie schon am Vortag wieder Ärger, weil der Landdienst bei unseren beiden ”Rennbooten” noch nicht da war und diese wegen der dürftigen Informationen, die sie vom VL erhalten hatten, die Pausenstelle nicht sofort erkannten.
Unsere Wasserkarten gingen nur bis Budapest, so daß wir auf eine Straßenkarte im Maßstab 1:300.000 angewiesen waren. Vielleicht kommen einige Leute aber auch mal auf die Idee das Boot des VL nicht zu überholen, wenn sie nicht genau wissen wo es hingeht.
Am Abend erreichten wir nach 77 km Dunajvaros. Das Quartier, angeblich ein Hotel, wurde von einigen Osterfahrtveteranen mit den Worten kommentiert: ”Das ist ja schlimmer als Nünchritz”. Die Zimmer erinnerten teilweise an dunkle Gefängniszellen, in denen der Putz von der Wand abblätterte und ein paar Matrazen auf dem Boden lagen. Die Sanitäreinrichtungen waren unbeschreiblich. Das Essen machte selbst Bobby zum Vegetarier. Nachdem die Hitze und das fette Essen am Vortag schon Micha umgeworfen hatte, erwischte es an diesem Abend den VL, so daß die am nächsten Tag noch geplante 27 km Fahrt gestrichen wurde und wir in Dunajvaros aufluden und mit dem Linienbus nach Budapest zurück fuhren. Daß man während des Aufladens mal einen Beutel, oder eine Jacke vergißt kommt natürlich vor, aber daß man drei Leute übersieht, die sich in ihr Zimmer zurückgezogen hatten, (tja, manche Leute lieben dunkle Zellen mit Wasserflecken an den Wänden) ist wohl ziemlich einmalig. Erst in Budapest fiel uns auf, daß unsere ”Kleinen” fehlten.
Da wir wenig Lust verspürten mit dem Auto wieder zurück zu fahren, warteten wir erst mal ab. Mit dem nächsten Linienbus trafen dann auch die drei Nachzügler ein, heftig fluchend warum man ihnen denn nicht Bescheid gesagt hätte, daß es schon losgehe.
Da seit mehreren Tagen die ungarischen Eisenbahner streikten und damit keine Auslandsverbindungen mehr möglich waren, stellte sich für uns das Problem, wie kommen wir wieder raus aus Ungarn? Die Leute die bereits am Montag früh wieder in Berlin sein wollten, ergattern sich am nächsten Morgen die letzten freien Plätze auf dem Tragflächenboot nach Bratislava, von dort fuhren sie mit der Bahn weiter. Für alle anderen stand der Tag zur Stadtbesichtigung zur Verfügung und wurde den unterschiedlichen kulturellen Ansprüchen entsprechend genutzt. Einige Grüppchen traf man an den verschiedensten Stellen immer wieder.
Peinlich war nur, daß die Leute, die am lautesten über amerikanische Esskultur lästerten von unseren JFK´lern bei Pizza-Hut erwischt wurden. Aber da wir als ungarische Küche bisher nur Gulasch in allen Variationen kennen und fürchten gelernt hatten, griffen wir lieber auf bekanntes zurück.
Die fünf Hängerfahrer verließen am Sonntag abend Budapest und kamen ohne großen Stau nach ca. 18 Stunden Fahrt in Berlin an.
Glücklicherweise wurde der Streik genau pünktlich für unsere Rückfahrt am Montag früh beendet, so daß wir am Montag abend wieder Berlin erreichten.
Bei der Rückfahrt mit der Bahn fiel mir besonders auf, daß Leute die sonst vorzugsweise die Nacht durch gemacht hatten, plötzlich schlafen wollten und sich beschwerten, daß wir mit unserem Dauerskat viel zu laut wären. Ruhebedürfnis ist halt schrecklich subjektiv.
Ich möchte mich an dieser Stelle besonders bei den Hängerfahrern bedanken, daß sie die langen Strecken nach Ungarn gefahren sind. Besonders hervorzuheben ist hier das Ehepaar Lademann, die unserer Landdienst waren.
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