Kleiner Ketzin Korso
Wie sicherlich die meisten wissen, bin ich außer Ruderer noch leidenschaftlicher Motorradfahrer. In meinem Club, den Blue Knights ®, gibt’s auch eine Zeitung, in der, wie bei Welle Poseidon auch, Berichte über Ausfahrten geschrieben werden. Mir ist aufgefallen, dass sich die Berichte doch sehr ähnlich sind!
Die Fahrten unterscheiden sich vorwiegend in der körperlichen Belastung der Teilnehmer.
Die Themen sind Freitag Abend keine Benzingepräche, wie man sie unter Bikern kennt, sondern eben solche übers Rudern. Nennt man die womöglich Skulltalk? Das erste Bier nach Ankunft heißt bei Treffenfahrern Leatherbeer, weil man das meistens noch in der Lederkombi direkt nach der Ankunft trinkt. Biker klönen dann gern über die Fahrt, wann, wo und wie stark man naß geworden ist, wie man geschickt Staus umfahren hat und tauscht gern Infos über bikerfreundliche Unterkünfte und Lokale aus.
Der erste Unterschied zwischen Biken und Rudern fangt schon vor der Fahrt an: Franky als alter Ruderrecke erklärte mir sogleich, dass man bevor man ablegt, gut und gern ein Ablegebier trinken kann. Haben wir dann auch gemacht, ohne zu wissen, für was wir uns da wappnen. Es ging also los am 05.05.01, da war es sogar noch richtig trocken. Unser Ziel war Ketzin, dort wartete ein netter Gasthof auf uns.
Wir sind dann Richtung Norden (staufrei) über die Havel und am Fahrlander See vorbei über den Sacrow-Göttinsee dorthin. Wie die Kameraden auf zwei Rädern auch, waren wir nach einiger Zeit den Unbillen Petrus‘ ausgesetzt. Ohne Räder unter der wesentlich härteren Sitzbank muß man allerdings auch nicht so intensiv nach Anlegestellen suchen, die Schilder, auf denen Autohöfe oder ruderfreundliche Lokale ausgeschildert sind, findet man eher selten.
Mit der Erfahrung der Ruder-Methusalixe Franky und Stefan fanden wir eine Kneipe in Schlänitzsee, die uns nicht nur freundlich gesonnen war sondern auch einen Raum hatte, in dem wir uns und unsere Sachen trocknen konnten. Trotz des nassen Bodens, ist keine Maschine umgekippt, die Seitenständer haben gehalten.
Voller Tatendrang (zumindest alle die, die nicht Unmengen von Kakao getrunken hatten) haben wir dann eine erträgliche Strecke bis Ketzin gefahren, die ich auch als Kurztrip zum Rudern empfehlen kann.
Leatherbeer gabs in der klassischen Form nicht, wurde aber als verspätetes Anlegebier (heißt vermutlich so) abends reichlich nachgeholt. Ich gebe zu, zum Stiefeltrinken waren doch die ein oder andere bissl jung .
Wie auf Motorradtreffen auch, wurde die Zimmerbelegung noch an der Sympathie und/oder Zudringlichkeit ausgerichtet, die “Alten” wurden sofort als uninteressant eingestuft und daran weiter nicht beteiligt. Ich mußte feststellen, das ich schon zu den Uhus (Unter Hundert) gehöre und als moralisch gefestigter Familienvater schon beinahe Anstandsonkel war.
Das Ergebnis war leidlich zufriedenstellend, für mich hatte es den Vorteil, einen nahezu lautlos schlafenden Zimmernachbarn zu haben, was unter Bikern eher die Ausnahme ist. Identisch war dagegen der Fluß alter Stories, die bis hin zur Erfindung des Mittelruders bei Segelschiffen führte – war ein netter Abend!
Während der Motorradfahrer abends seine Kette fettet, schöpft der Ruderer morgens Wasser.
Was das Tanken angeht, hatten wir das am Abend erledigt (s.oben), zu einem Ablegebier fühlte ich mich noch nicht fähig, es soll aber eins gegeben haben ...
Die Strecke zurück führte uns als Zwischenziel zur Insel Werder, alle 20m gab‘s Fruchtwein aller Sorten, es war Baumblütenfest! Trotz unseres teilweise wilden Aussehens, haben wir uns als Ruderer in der Gruppe relativ sicher gefühlt. Werder ist nicht zu dieser Gelegenheit ein schönes Ausflugsziel, an der Promenade gibt es ein schönes Fischrestaurant mit Außenterrasse, wo man auch fischige Snacks bekommt. Die Insel ist auch mit dem Motorrad bequem zu erreichen.
Nach einem weiteren Viertel der Strecke zurück an den Wannsee, trennten wir uns, ein paar Hartgesottene blieben noch im ehemaligen Olympiastützpunkt, unser Boot fuhr durch Postdam zurück.
Nach akrobatischer Einlage von Martina gabs dann an einem Biergarten, der eigentlich keinen Anleger hat und in der Nähe der Glienicker Brücke liegt, einen verdienten Schokoriegel.
Fazit: ein netter Kurztrip ohne nennenswerte Ausfälle, wenn man von einer Türzarge, die womöglich schon vor unserem Besuch angeschlagen war absieht.
Gäbe es an den Booten einen Tacho, wäre der halt weitergelaufen, so groß war der Unterschied zu eine Motorradtour gar nicht.
Volker Sapora
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