Mecklenburg Umfahrt Teil 2 => Teil 1
800 km Rundtour im Sommer 2020
Nach dem Start am Bermuda Dreieck ging es noch 12 km auf der Elde weiter. Die erste Schleuse lief noch halbwegs problemlos. In Plaue erwischten wir dann genau die Stunde Mittagspause. Nach dieser Zwangspause ging es dann auf den Plauer See hinaus, leider bei Windstärke 6 aus Süd. Damit hatte der Wind leider 7 km Seefläche, um Anlauf zu nehmen. Eigentlich wären es quer über den See nur 5 km gewesen, allerdings drehten die Boote erst einmal weit nach Süden direkt in den Wind rein, um dann mit einer blitzartigen Wende vor den Wind zu gehen. An der Seeausfahrt kamen uns als zusätzliche Schikane dann auch noch drei Rundfahrtsschiffe in die Quere, aber alles ging gut. Der folgende Petersdorfer See ist ein langer Schlauch in Ost-West-Richtung, so dass wir entspannt weiter rudern konnten. Auch am folgenden Fleesensee (immerhin vier mal so groß wie der Wannsee) konnten wir, dank guter Uferdeckung, problemlos weiter rudern. Allerdings nervte Wind und immer wieder niedergehende Schauer schon ziemlich. Danach zweigten wir in den Jabelschen See ab, einen kleinen Nebensee, wo uns dann der zweite Campingplatz auch wirklich aufnahm. Nicht ohne vorher zu betonen, dass hier Ordnung, Ruhe und Sauberkeit vorzuherrschen hätten. Klappte auch bei den Ruderern, bei einigen anderen jungerwachsenen Gästen nicht so richtig. Immerhin gab es einen winzigen Unterstand wo wir kochen und sitzen konnten, ansonsten war der Platz eher auf Wohnmobile und Ferienhäuser ausgelegt.
Angesichts der Windprognose starteten wir bereits kurz nach 5 Uhr Morgens. Zunächst über den Kölpinsee (mehr als 7 mal der Wannsee) nervte der Wind schon ziemlich, obwohl er nur von der Seite kam. Als wir dann von der Binnenmüritz auf die Müritz (ca. 40 mal der Wannsee) kamen merkten wir erst richtig was der Südwestwind hier anrichten kann. Bei Windstärke 8 kämpften wir uns südwärts. Auf Höhe der Sietower Bucht, nach 10 km Müritz legten wir dann erst mal an, um die Boote auszuschöpfen. An eine Überquerung der Bucht von Röbel war überhaupt nicht zu denken. Da auch für die nächsten Tage weiter stürmisches Wetter angesagt war, saßen wir hier wirklich fest. Einige Telefongespräche mit der Heimat später hatten wir die Zusage von Paul sofort mit dem Auto und Anhänger loszufahren und uns um die Müritz herum zu karren. Treffpunkt war Röbel. Wir starteten wieder und obwohl die Bucht von Röbel eigentlich halbwegs geschütztes Wasser war, pfiff der Wind hier heftig. An einem Seglerhafen im Stadtzentrum legten wir an und riggerten die Boote ab. Zwei Stunden nach uns traf auch Paul ein. Wir luden die Boote auf und brachten den Anhänger und in zwei Schüben die Ruderer nach Mirow. Als die zweite Fuhre in Mirow eintraf war der Grill schon in Betrieb. Glücklicherweise konnten wir im Ruderverein übernachten. Den ganzen Abend gab es weiter kräftige Regenschauer. Noch einmal ausdrücklich der Dank der Mannschaft an Paul für die spontane Hilfsaktion. (Paul hat den Anhängerführerschein erst seit ein paar Monaten).
Ab Mirow geht es nur noch über relativ kleine Seen, so dass wir entspannt weiter rudern konnten. Allerdings merkten wir selbst hier den weiter heftigen Wind, eine Müritzüberquerung wäre auch heute nicht möglich gewesen. Zunächst ging es nach Süden, allerdings nicht zur Diemitzer Schleuse, denn die ist notorisch überlastet. Kurz vorher gibt es einen kleinen Graben zur Fleether Mühle. Hier trugen wir die Boote um. Einfaches Aussetzen und Einsetzen, dazu kurze Umtragestrecke und wir hatten Kanuwagen dabei. Es ging schnell. Nach einem kurvenreichen Fließ folgt der Rätzsee, der genau in Windrichtung lag. Schöner Schiebewind, aber in die andere Richtung hätten wir hier nicht so gerne rudern wollen. Danach folgten mehrere Seen, verbunden durch Fließstrecken, bevor man bei Canow wieder auf die Hauptroute traf. Diese Schleuse war immer einer der neuralgischen Punkte, da der Stau von Hausbooten hier oft stundenlang aufhält. Seit zwei Jahren gibt es hier jedoch eine Bootsschleppe. Wir kamen zügig rüber, allerdings wieder durch einen heftigen Schauer versüßt. Wenige Kilometer weiter an der Schleuse Wolfsbruch hatten wir dann wieder unser WSA- Erlebnis. Das WSA hatte auf Grund der vollkommenden Überlastung dieser Schleuse wirklich einen Schleusenwart abgestellt, damit es zügiger gegen sollte. Der fand es allerdings angemessen lieber im Schleusenhaus Handy zu spielen und die Schleuse auf Automatik laufen zu lassen. Mit dem Ergebnis entsprechenden Chaos in der Schleuse. Bei der dritten Schleusung wären wir dabei gewesen. Allerdings fiel die Automatik dann aus und zeigte eine Störung. Das fiel dem hoch qualifizierten WSA Mitarbeiter natürlich nicht auf. Wir mussten ihn aus seinem Schleusenwärterhaus zerren (Überraschung es ist ein Schleusenwart anwesend) und nach einer weiteren halben Stunde funktionierte die Schleuse wieder. Der schöne amerikanische Brauch des Teeren und Federn kam uns in den Sinn. Die Reststrecke nach Flecken Zechlin erfolgte für das erste Boot danach nicht so entspannt, da wir noch einkaufen wollten und der Supermarkt sollte um 18 Uhr schließen. 5 Minuten vorher war Tim am Supermarkt, der dann aber plötzlich bis 19 Uhr offen hatte, Glück gehabt.
Nun war ein Tagesausflug nach Rheinsberg geplant. Eine wunderschöne Strecke, kleine Seen, schmale Fließe und leider unendlich viele Hausboote. Diese kann man sich hier an jeder Ecke ohne Führerschein ausleihen. Vorfahrtsregeln, Geschwindigkeitsbegrenzungen sind für diese Süßwassermatrosen natürlich Fremdworte. Entsprechend nervend sind für Ruderer die schmaleren Abschnitte. Immerhin konnten wir am Schloss Rheinsberg vorbei rudern, nur der Graben hinter dem Schloss war leider durch einen Balken versperrt. Beim örtlichen Ruderclub wurde angelegt und beim örtlichen Supermarkt einkaufen gegangen. Danach ging es zurück nach Flecken Zechlin. Kurz nach uns traf dann auch das Fernsehteam des RBB zum Interview ein. Wir bekamen einen Live-Bericht im Abendmagazin.
Heute ging es durch die Schleuse Wolfsbruch zurück in Richtung Havel. Und wunderbarerweise gab es heute einen Schleusenwart, der nicht nur kompetent war, sondern sogar arbeitswillig! Wir kamen auf Anhieb weiter. Zwei Seen weiter erreichten wir die Schleuse Strasen, das mit Abstand größte Nadelöhr in Mecklenburg. Die Schlange der Hausboote ließ eine mehrstündige Wartezeit befürchten. Allerdings packte der hiesige Schleusenwart seine Schleuse derartig genial. In jede Lücke packte der Kanus und Ruderboote, so dass wir beim ersten Mal durchschleusen durften. So geht es halt auch, wenn man Ahnung von seinem Job hat!!! Kurz danach trafen wir am Ellbogensee auf die Havel. Wir ruderten sie flussaufwärts, da wir noch einen kleinen Abstecher ins Quellgebiet machen wollten. Das erste Boot gönnte sich nicht nur einen Zwischenstop auf ein Fischbrötchen beim Fischer, sondern kam dann auch noch auf die Idee zu überprüfen, ob die Schwanhavel wirklich nur für Kanus geeignet ist. Also man kann mit einem Zweier da durch kommen...... sollte man aber besser nicht. Ein paar Schauer später erreichten alle Boote den Woblitzsee und dann über die Havel zum Labussee. Dieser liegt unmittelbar an der Grenze zur Kernzone des Müritz- Nationalparks. Im letzten Dorf davor hatten wir drei Hütten gemietet. Angesichts des Wetters eine sehr gute Entscheidung.
Der nächste Tag bescherte uns Dauerregen, verstärkt mit Schauern. Trotzdem ging es weiter in Richtung Havelquelle. Die letzte Schleuse der Havel nahmen wir noch mit, danach wechselten ein paar Seen mit Fliessen ab, wobei die Fließe überhand nahmen. Hinter dem Görtowsee ist reguläres Rudern nicht mehr möglich. Staken mit Skulls, Paddelhaken alles nur kein Rudern. Am Jähtensee drehten wir dann schließlich um. Angesichts des Wetters hatten wir für heute genug. Schön, dass unsere trockenen Hütten mit einer warmen Dusche auf uns warteten.
Nun mussten wir wieder zurück, die Havel abwärts. Bei weiter sehr windigen Schauerwetter ging es kleinere Seen und einigen breitere Fließe abwärts, meist sogar mit Schiebewind. Der Schleusenwärter an der Steinhavel war nicht gerade ein Genie, aber auch kein Totalausfall. Die Schleuse Fürstenberg ist modernisiert und im Automatikbetrieb. Ein guter Schleusenwart hätte die doppelte Menge Boote untergebracht, aber da die Schleusenkammer größer ist, kamen wir gut durch. In Fürstenberg konnten wir ein paar Schauer zunächst unter einem Unterstand und danach unter der Konzertmuschel im Stadtpark umgehen. Einige nutzten auch den Supermarkt als Regenschutz bevor es weiter über den Stolpsee ging. Nach dem Stolpsee verlässt die Havel die Mecklenburger Seenplatte. 7 km die Havel abwärts, direkt vor der nächsten Schleuse, legten wir unsere Boote im Strandbad ab und spazierten zur Gaststätte Bootshaus. Hier gönnten wir uns nicht nur ein Abendessen, sondern vor allem auch die Gästezimmer. Angesichts des wirklich nicht so schönen Wetters ein echter Luxus.
Von hier windet sich die Havel als netter Wald- und Wiesenfluss durch die sumpfige Landschaft. Vier Schleusen folgen in dichter Folge. Da hier deutlich weniger Verkehr war, gab es praktisch keine Verzögerungen. Nach 33 km erreichten wir dann in Zehdenick die vorletzte Schleuse. Ab hier ist die Havel ziemlich kanalisiert und deutlich langweiliger als oberhalb. Da aber inzwischen das Wetter etwas besser wurde, lebten die Ruderer trotzdem auf. Nochmal 12 km weiter folgte eine weitere Schleuse und kurze Zeit später legten wir in Liebenwalde (am Finowkanal) in der Stadtmarina an und bauten unsere Zelte auf. Zwei Leute schafften es gerade noch rechtzeitig zum örtlichen Schwarzmarkt, um Getränke und Lebensmittel einzukaufen.
Von hier bis nach Birkenwerder wären es am nächsten Tag nur noch 25 km gewesen, daher ruderten wir zunächst den Langen Trödel (Finowkanal) abwärts bis Zerpenschleuse. Eine der ältesten Wasserstraßen Deutschlands, vor ein paar Jahren wiedereröffnet. Schön zu rudern mit Baumreihen auf beiden Seiten. Nicht so schön war dann hinter Zerpenschleuse die Strecke über den Oder-Havel-Kanal, 12 km geradeaus, bevor die erste Kurve anfängt. Irgendwann sieht man dann jedoch die Schleuse Lehnitz vor sich. Hier gibt es dankenswerterweise sogar eine Bootsschleppe, so dass es schnell ging. Am Lehnitzsee wurde eine Pause gemacht und heute war das Wetter sogar so gut, dass alle die Eisdiele am Ufer besuchten. Die restlichen 8 km bis Birkenwerder waren da nur noch ein Klacks.
Am Vorabend waren zwei Teilnehmer bereits mit der S-Bahn abgereist. Jochen und Wolfgang standen als Ersatz früh Morgens in Birkenwerder und ruderten mit. Die 43 km nach Hause galten bei den meisten unserer Ruderer bereits als Heimatstrecke. Die Heimat begrüßte uns mit trockenem Wetter und Temperaturen, die wir seit Wochen nicht mehr erlebt hatten. Nach 809 km waren wir wieder zu Hause.
Dies war ein Corona- Ersatz für die Sommerwanderfahrt. 11 Ruderer, davon 7 Jugendliche. Der jüngste Teilnehmer 12 Jahre alt, die älteste 68. Alles Gepäck inklusive der Zelte in den Booten. Wegen des Wetters öfter mal ein festes Quartier, sonst zelten.
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