Oder von Ratibor bis zur Ostsee
März/April 2024
Osterwanderfahrt
Wegen der politischen Situation an der unteren Donau, mussten wir die eigentlich zu Ostern übliche Donaufahrt auf die Oder verlegen. Der Anhängertransport und diverse Anreisende per Bahn trafen Freitag Abend in Ratibor (Raciborz) ein. Wegen der Gruppengröße waren wir auf zwei Hotels verteilt, die aber nur 500m auseinander lagen.
Am Morgen wurden die Boote an einer Rampe eingesetzt. Hier wollten auch viele Kanufahrer starten, die uns aber freundlicherweise den Vortritt ließen. Die Oder ist hier noch ein sehr schmaler, gut strömender Fluss, offiziell bereits eine Wasserstraße, aber nicht wirklich ausgebaut. Bei warmen Wetter ging es gut vorwärts bis Cosel. Hier erwischte uns leider unwetterartiger Regen verbunden mit einem heftigen Temperatursturz. Dazu kam noch zwei Stunden Mittagspause des Schleusenwartes (1. Schleuse). Wir retteten uns in ein Cafe. Weitere zwei Schleusen weiter (ohne Mittagspause) dirigierte uns der Landdienst an die Rampe einer Seilfähre. Die Boote wurden heraus genommen und die Mannschaft zum 5 km flussaufwärts liegenden Campingplatz Januskowice gebracht. Dieser lag an einem abgetrennten Altarm. Wir hatten fünf gut geheizte Hütten und eine Küchenhütte.
Start war wieder an der Fährrampe, das Wetter wurde wieder etwas wärmer, der Wind blieb kalt, aber es blieb trocken. Die 44 km bis Oppeln wurden zwar von fünf Schleusen unterbrochen, aber wir kamen gut vorwärts, so dass wir am frühen Nachmittag das Hotel Piast in Oppeln erreichten. Dieses Hotel hat im Nebenarm eine Art Steg, allerdings 60cm über der Wasserkante. Ein paar der älteren Ruderer wurden vorher an einer flacheren Stelle am Hauptarm raus gesetzt. Die Boote dann am Steg vertäut, der direkt am Hotelparkplatz lag. Hotel Piast war definitiv zu vornehm für Ruderer, eher auf 4-Sterne Niveau. Einige gingen noch die Stadt besichtigen, der Rest entspannte in unseren Luxus- Zimmern. Das Abendessen im Hotel war sehr edel, die Menge hätte aber größer sein können.
Nach einem wirklich luxuriösen Frühstück ging es wieder auf den Fluss. Der Wind blieb kalt, ein kurzer Schauer störte nicht. Leider hatte eine Schleuse Stromausfall. Mit Reparatur war frühestens gegen Abend zu rechnen, also umtragen. Eigentlich war das nicht möglich. Das Ausheben kurz vor dem Wehr ging noch, aber das Einsetzen im Unterwasser forderte die ganze Erfahrung und auch die Körperkraft der Ruderer. Eine schmale, steile Treppe mit einem Boot in der Hand ist nicht so jedermanns Sache. Das ganze hatte uns Zeit gekostet. Dazu kam noch, dass im DRV-Wahrsager zwei Schleusen nicht verzeichnet waren. Damit war die Etappe nicht mehr im Hellen zu schaffen. Wir nahmen die Boote 10 km vor Brzeg aus dem Wasser und wurden zum Hotel geshuttelt. Das Hotel war einfacher, aber die Zimmer waren schön und ein nahe Restaurant in der Nähe hatte der Landdienst auch schon gefunden.
Die Strecke nach Breslau war auf fast 60 km, mit 8 Schleusen verlängert. Bei strahlendem Sonnenschein und Schiebewind stellte das aber kein Problem dar. An der ersten Schleuse in Breslau erfuhren wir, dass die Innenstadtschleuse schon wieder defekt war (siehe letztes Jahr Pfingsten). Wir ruderten bis zum Ruderclub und spazierten 100m zu unseren Appartements im Nebengebäude. In drei Appartements- Küchenzeilen wurden dann Pizzen für die ganze Mannschaft aufgewärmt. Einige waren noch in die Stadt gegangen, der Rest genoss die Zimmer.
Die Innenstadt durften wir nicht rudern, aber es gibt einen stadtnahen Umgehungskanal. Der geht durch eine ehemaliges Industriegebiet, das gerade in ein hochwertiges Wohngebiet umgewandelt wird. Respekt an die Architekten, teilweise historisierend, teils supermodern, aber fast alles ansehnlich und das Gegenteil von sozialistischen Plattenbauten. Nach drei Schleusen und knapp 40 km war dann heute schon Schluss. Anlegen an der verwaisten Fährrampe und der Landdienst brachte uns zum Hotel, der “Alten Kantine” des Chemiewerks. Hört sich gruslig an, war es aber nicht. Schöne Zimmer, allerdings ohne Heizung und ein Abendessen, das auch den hungrigsten Ruderer zufrieden stellte.
Kurz nach dem Start passierten wir die letzte Schleuse der Oder vor der Ostsee. Danach ging es mit guter Strömung und bei bestem Frühsommerwetter weiter. Da die Etappe nur knapp 50 km betrug, gab es einen Zwischenstop bei Kloster Leubus. Der neue Yachthafen war zwar noch nicht ganz fertig, aber wir vertäuten unsere Boote und spazierten zum Kloster. Das ehemalige Ziesterzienser- Kloster ist eines der größten in Europa. Ein großer Teil ist noch Baustelle, oder leicht verfallen, aber der Bau ist beeindruckend. Seit unserer letzten Besichtigung sind einige Bereich dazu gekommen, aber es wird noch lange dauern, bis alles saniert ist. Nach der Pause ging es weiter bis Scinawa. Auch hier ist ein neuer Yachthafen im Bau. Die Bauarbeiter störten sich nicht an den Ruderbooten. Der Landdienste shuttelte uns zu unserer Agroturistica. Die Zimmer sehr eng (wie waren viel mehr als eigentlich Plätze da sind) und ein grandioses Abendesses, das auch die hungrigsten Ruderer satt machte.
Der einzige größere Ort auf der heutigen Strecke war Glogau, aber das war uns zu kurz. Wir gönnten uns nur ein schnelles Eis im Yachthafen, bevor es wieder auf den Fluss ging. Das Ziel war Klein Tschirne. Hier liegt an einem Altarm ein wunderbares Schloss. Wir legten in eine Buhne an und konnten zu Fuss zum Zamek Czerna laufen. Der größte Teil der Ruderer war im Gesinde-Trakt untergebracht. Komplett moderne Zimmer mit allen Annehmlichkeiten. Die Alten Herren residierten in den fürstlichen Appartements des Hauptgebäudes. Michels Schlafraum wäre auch für Ludwig den 14ten angemessen gewesen. Die Zimmer hatten komplette Museums- Ausstattung. Das Abendessen war dreigängig und sehr vornehm.
Das Wetter war wieder trocken und warm, aber der Sahara- Sand dämpfte die Sonneneinstrahlung, so dass die Temperatur nur auf 24 Grad stieg. Die flache Auenlandschaft flog geradezu an den Booten vorbei, so dass wir die 65 km bis Cigacice in Rekordzeit schafften. Die Boote wurden am Ende des Hafenbeckens heraus genommen. Beide Quartiere waren fußläufig zu erreichen. Ein etwas einfacheres Agroturistica und ein sehr luxuriöses Haus mit Balkon und Blick auf die Oder. Hier wurde auch für die ganze Meute gekocht.
Nach den beiden Lang- Etappen der Vortage, heute nur 45 km. Das ganze bei 22 Grad, Sonne und guter Strömung. Wir waren bereits um 14 Uhr am Ziel in Crossen. Der Landdienst dirigierte uns in einen neu angelegten Hochwasser- Graben. Es gab etwas Verwirrung, da es davon einige Gräben gab und sie so neu waren, dass nicht einmal Google-Maps sie kannte. Schließlich fanden alle Boote die Rampe nur 100m von unserem Hotel entfernt. Der Landdienst hatte allerdings eine Katastrophen- Meldung. Ostersonntag haben in Polen nicht nur alle Supermärkte zu, sondern auch alle Restaurants. Martin und Carlos versuchten noch irgendetwas offenes im Umkreis von 10 km zu finden, aber schließlich wurde im Hof des Hotels der Kocher aufgebaut und die Tortellini Notreserve ausgepackt. Dafür war das Hotel- Frühstück am nächsten Morgen extrem gut.
Nach einigen Kilometern mündete die Neiße. Damit waren wir im Deutsch- Polnischen Grenzgebiet. Das Ziel war nach 73 km der Ruderclub von Frankfurt/Oder. Trocken, sonnig leichter Schiebewind. Alles völlig entspannt. Es sei denn man übersieht eine Tiefseilfähre. Das ging gerade noch mal gut, aber etwas mehr Aufmerksamkeit könnte auch nicht schaden. Wenn man zugehört hätte, dann hätte auch man auch nicht versucht von oben in den Altarm in Frankfurt einzufahren. Da ist ein nämlich ein Wehr. Das bemerkte dann auch das Jugendboot. Alle Boote kamen heil an. Leider wurde nun ein Boot aufgeladen und vier der kräftigsten Ruderer verließen uns.
Der nächste Tag, nur noch mit drei Booten zeigte uns aber wieder, dass man nicht immer mit optimalen Bedingungen rechnen kann. Böen mit bis Windstärke 7, direkt von vorne natürlich. Windschatten gibt es auf dieser Strecke leider auch keinen. Ab der Warthe- Mündung wurde es richtig übel. Die Boote schlichen direkt am Ufer abwärts, immer über die knapp überfluteten Buhnen. 500mal geht das gut, beim 501mal saß ein Boot auf und die Mannschaft musste aussteigen. Glücklicherweise ohne Schäden kamen alle Boote in Kienitz an. Hier hatten wir Quartiere in einem Öko- Bauernhof. Sehr schöne Zimmer, das Abendessen machten wir selber. Das war auch gut so, da das bestellte Frühstück war sehr Öko, aber auch sehr übersichtlich.
Der Gegenwind war heute deutlich schwächer, es war recht kalt. Aber nach dem gestrigen Tag waren die heutigen 60 km geradezu entspannend. Die Ufer sind hier meist flach und einsam, gerade mal 3 Brücken auf der ganzen Strecke. Die meisten Fähren in Winterpaue, oder komplett eingestellt. Das Ziel war Krajnik Dolny, direkt am Grenzübergang nach Schwedt. Als Quartier hatten wir ein Deutsch-Polnisches Begegnungszentrum, eine Art Jugendherberge. Nach leichten Verständigungsproblemen, gab es genug Betten und nach längerer Diskussion fand sich auch eine Zimmerverteilung. Freundlicherweise durften wir die Küche benutzen, so dass es dank LingLing und JiaJia Piroggen in ausreichender Menge gab.
Heute stand das nächste städtische Highlight an, Stettin. Nach nur 48 km bei leichtem Schiebewind ruderten wir in die Innenstadt. Unsere Boote durften wir bei örtlichen Ruderclub lagern. Dieser hat eine eigene Insel mit Fußgängerbrücke. Dank Patriks polnischer Verbindung hatten wir die Erlaubnis dafür bekommen. Von hier zu unseren Appartements war es nur ein kurzer Fußweg. Der Stadtspaziergang wurde etwas durch den einsetzenden Regen gekürzt, immerhin war es während des Ruderns trocken geblieben. Die meisten besuchten am Abend ein Ukrainisches Restaurant, einige zogen es vor selbst zu kochen.
Nun ging es direkt durch die Innenstadt mit den Ruderbooten und danach in den Hafen mit echten Hochseeschiffen. Hinter Stettin ist die Oder zwar breit und ab und zu kommt ein großes Schiff entgegen. Zunächst schützte uns noch das Backbord- Ufer vor dem mittelstarken Seitenwind, aber nach der Hälfte der Strecke springt das Ufer zurück und gibt den Stettiner Bodden frei. Die kurzen Wellen aus West waren lästig, aber nicht gefährlich. Nach 35 km erreichten wir Kopice mit einem winzigen Sportboothafen und einer Fährrampe. Hier setzten wir die Boote aus. Kleiner Tip bevor man über den Zaun des Hafens klettert, sollte man mal probieren, ob das Tor vielleicht nur zugeklinkt ist.... Unser Ferienhaus war nur wenige Kilometer entfernt. Mit über 20 Schlafplätzen konnte sich wirklich jeder seine Lieblingszimmereinteilung aussuchen. Zimmer waren gut, der Aufenthaltsraum auch, die Küche war nach der Benutzung auf jeden Fall sauberer als vorher. Auch war das Haus mit supermoderner Heizanlage ausgestattet, die war leider aus. Wir heizten den Kamin an.
Am letzten Tag ging es zunächst 13 km über den Bodden, nicht zu nah am Ufer, wegen der geringen Wassertiefe, aber auch nicht zu weit draußen. Glücklicherweise hatten wir 1-2 Windstärken von hinten, so dass wir, trotz der Wasserfläche bis zum Horizont neben uns ohne Probleme rudern konnten und gut vorwärts kamen. Dann verengte sich die Dzwinow (der östlichste Mündungsarm der Oder) wieder und es ging über einen 500-2000m breiten Boddenarm weiter bis zur Ortschaft Dzwinow direkt an der Küste. Wir ruderten einmal aufs Meer raus, genossen die Aussicht und dann zurück in den Flusslauf. Direkt neben der Hubbrücke (auf Landseite) ist eine winzige Rampe und dahinter ein großer Parkplatz, wo Patrik mit dem Anhänger wartete. Unser Quartier lag auf der Landzunge zwischen Meer und Flusslauf, 100m vom Strand entfernt. Einige Ruderer badeten noch in der Ostsee. Der Abschlussabend wurde in einem netten Restaurant verbracht. Viel war nicht offen der Ort ist massiv auf Sommer- Badetourismus ausgelegt. Wir waren froh, dass etwas offen hatte.
785 Ruderkilometer vom Beginn der Schiffbarkeit bis zur Ostsee in 15 Rudertagen.
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